Zurück aus dem Donbas-Gebiet – Eindrücke aus Wolnowacha

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Wolnowacha
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Abfahrt in Mukatschevo

Nun liegen fast 6000 Kilometer Reise hinter uns…. doch  erst Mal der Reihe nach: Bei unserem letzten Besuch in Mukatschevo lernten Johannes und ich  2 Missionare kennen, die den Ruf haben im Donbasgebiet zu dienen. Sie waren gerade dabei,  ihre Familien nachzuholen. Dieser Bericht traf mich tief ins Herz und ich hatte den Eindruck, dass ich sie unterstützen und besuchen soll. Spontan sagte ich laut zu meiner Übersetzerin Oksana und meinem Sohn Johannes: „Fahren wir nach Wolnowacha?“. Beide sagten zu und so begann unsere Vorbereitung im Gebet. Aus der Ortsgemeinde in Mukatschevo hatten die 2 Pastoren – Tibi und Ivan, und Ivans Sohn Vitalik – es ebenfalls auf dem Herzen dorthin zu fahren. So durften wir am 8. August gemeinsam unsere Reise antreten.20160808_182208 Es ging über gewöhnungsbedürftige autobahnähnliche Straßen mit Zebrastreifen, Linksabbiegespuren und Ampeln und normale Landstraßen zunächst bis Lubni – ca. 150 km hinter Kiew. Dort übernachteten wir in einem liebevoll und christlich geführten Kinderheim. Am nächsten Morgen20160809_071658 hieß es dann auch schon wieder früh Abschied nehmen. Nun wurden die Straßen allmählich schlechter und je näher wir dem Donbas kamen wurden die Autos immer weniger. Auf Nebenstraßen wuchs teilweise schon Gras… Die Landschaft links und rechts verriet noch nicht, welches Leid sich in 20160808_082601dieser Region verbirgt. Immer wieder mussten wir mal durch eine Straßenkontrolle der Polizei. Meine Befürchtungen, dass sie uns wegen des deutschen Kennzeichens besonders oft aufhalten würden, bestätigten sich Gott sei Dank nicht. Kurz vor Donezk entdeckten wir das erste zerbombte Fabrikgebäude und standen kurz drauf vor dem „Blockpost“. So nennt man in der Landessprache die Kontrollpunkte der Soldaten. Mit Maschinengewehr bewaffnet kommen kaum 18-jährige Männer, kontrollieren unsere Pässe und wollen wissen, woher wir kommen, wohin wir wollen und was wir dort machen werden. Obwohl daneben getarnte Panzer standen, Bunker, Verstecke und Schützengräben waren oder gerade mit der Hand geschaufelt wurden, herrschte eine sehr freundliche Atmosphäre. Die einen freuten sich über uns, weil die Ukrainer aus ihrer Heimat Zakarpatia (also auf der anderen Seite der Karpaten) kommen und die anderen darüber, dass Deutsche zu ihnen kommen. Nur fotografieren durften wir sie nicht.

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Hauskreis Wolnowacha
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Minen
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Nach dem Hauskreis gab es auch Hilfsgüter

In Wolnowacha erlebten wir einen Hauskreis im Freien. 17 sehr offene ältere Leute hatten Tränen in den Augen, als wir unser Lied „Skroi menja“ (Berge mich in deiner starken Hand) und andere ukrainische Lobpreislieder sangen. Manche Leute schienen fast alle Hoffnung verloren zu haben, doch nach dem Gebet war wenigstens so ein bisschen an Lichtblitzen in ihren Augen zu erkennen. Einige litten schon vor dem Krieg unter unvorstellbarer Not und Schicksalsschlägen doch dann kam durch den Krieg auch noch die Angst, die zerrissenen Familien, Krankheiten und Zerstörung dazu. Manche verloren ihre Söhne im Krieg. Andere sind nun alleine, weil die Kinder geflüchtet sind. Wieder andere haben den Kontakt verloren, weil sie zu ihren Kindern in den besetzen Gebieten nicht hinkönnen. Die Felder sind vermint und die Zufahrtsstraßen gesperrt. Manche Dörfer scheinen wie Inseln in den besetzen Zonen zu sein…. Arbeit gibt es auch so gut wie keine. Viele Fabriken sind zerstört. Andere haben keinen Absatz mehr, weil der Hauptteil der Produkion nach Russland ging. Manche mussten schließen, weil zu viele Mitarbeiter an die Front geholt wurden oder geflüchtet sind. In den wenigen Geschäften gibt es ein spartanisches Angebot mit gestiegenen Preisen. Wohl dem, der noch so fit ist, dass er selbst etwas im Garten anbauen und für den Winter konservieren kann. Obwohl der christlich Glaube ja eigentlich verboten ist, sind die Leute sehr offen und interessiert. Übernachtet haben wir in Donskoe, einige Kilometer entfernt. Die Situation dort ist identisch. Im täglichen Gebetskreis versammeln sich dort ca. 20 Leute. Niemand stört sich daran, dass die Gebetszeit mehr als 2 Stunden dauert: weder die Schulkinder, noch die Teenies und auch nicht die vielen Omas. Sogar ein Soldat gehört zur Gruppe.

Obwohl Wassia und Aleksander zuvor niemand an diesen Orten kannten, erleben sie diesen Wachstum – sie sind ja erst seit April vor Ort.

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Schusslöcher in Toren und Zäunen
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Schusslöcher in Gasrohren und Mauern
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Splitterbombenteil aus dem Garten der Oma

In einem nahe gelegenen Ort – Nikolaijwska:  Dort hört man jede Nacht Schüsse. Im Ort selbst besuchen wir eine Oma, deren Haus bei einem Anschlag beschossen wurde. Die ganze Straßenzeile zeugt von diesem Angriff: Löcher in Zäunen, Wänden, Gasrohren….. und das am Ortsrand, auf einer unbefestigten Straße, auf der anderen Seite der Kinderspielplatz… Für uns ist es nicht nachvollziehar, was damit erreicht werden sollte. Um so erstaunlicher, dass uns die Oma erzählt, dass sie sich nicht abschrecken ließe, denn Gott sei mit ihr. Dazu kann man nur Amen sagen.

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Unser Team mit dem Donbas-Team: vorne von links Anita, ich, Aleksanders Kinder, Vitalik, Wassias Kinder. Hinten von links: Oksana, Ivan, Christina, Aleksander, Tibi, Wassia, Juditha. Johannes fotografiert

Besonders berührt hat mich das Zeugnis von der Mitarbeiterin Anita: sie wurde als Baby auf einer Müllhalde abgelegt. Sie durchlief eine Kindheit in Heimen, Zigeunercamps, auf der Straße und diversen Jugendeinrichtungen. In der letzen traf sie auf christliche Pflegeeltern und lernte dort Jesus kennen. Sie bekam den Ruf eine Bibelschule zu besuchen und in die Mission zu gehen. Wider aller Erwartungen bekam sie das Geld für die Schule zusammen und dient nun im Donbas Gebiet. Obwohl es keiner für möglich hielt, ist sie dort nicht nur akzeptiert sondern von Groß und Klein geliebt. Auch ich habe sie ganz tief in mein Herz geschlossen. Wir alle waren begeistert, welche Lebensfreude, Liebe und Begeisterung sie ausstrahlt. Ein wunderschönes Zeugnis, wie Gott aus unseren persönlichen Scherbenhaufen etwas Wunderbares machen kann. Ihre größte Not, weggeworfen und ungeliebt zu sein, verwandelte Gott in ihre größte Stärke: jeder sehnt sich nach einer Umarmung von ihr und lässt sich gerne von ihrer Freude anstecken. Sie selbst sagt, dass sie diese Umarmungen auch als Geschenk von Gott versteht.

Für mich selbst war es ein großes Geschenk, diesen Menschen Hoffnung bringen zu dürfen duch unsere Lieder, Zeugnisse, Kurzperdigten und natürlich auch der finanziellen Hilfe. Wieder und wieder durfte ich feststellen, dass der Segen, den wir über die einzelnen Leute dort aussprachen,  zurückkam. An dieser Stelle ganz herzliches „Vergelt’s Gott“ an alle Spender und Beter! DANKE Ohne diese Hilfe könnten wir unsere Arbeit nicht machen.

Bitte beten Sie mit uns, dass die Menschen dort neue Hoffnung duch eine lebendige Beziehung zu Jesus Christus schöpfen können, Heilung ihrer tiefen Herzenswunden erleben und auch von körperlichen Gebrechen und eine neue Perspektive für ihr Leben entwickeln können. Friede und ein Ende der Korruption sind natürlich weitere wichtige Gebetsanliegen.

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Tibi, davor Johannes, Sergej reiste bist Kiew mit, Vikalik, Ivan, Oksana (ich fotografiere)

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